- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Ausgangslage
- 1.2 Eröffnung des Speyerer Reichstags und kaiserliche Proposition
- 1.3 Verhandlungsverlauf und Protestation
- 1.4 Rezeption und Bedeutung des Speyerer Reichsabschieds und der Protestation
- 2. Unterzeichner und Unterhändler
- 2.1. Reichsabschied (22. April 1529)
- 2.1.1 Unterzeichner
- 2.1.2 Unterhändler
- 2.2. Protestation (20. April 1529)
- 2.2.1 Unterzeichner
- 2.2.2 Unterstützer
- 3. Inhalt
- 3.1 Reichsabschied (22. April 1529)
- 3.2 Protestation (20. April 1529)
- 4. Überlieferung und Textvorlage
- 4.1. Reichsabschied (22. April 1529)
- 4.1.1 Handschriften
- 4.1.2 Drucke
- 4.1.3 Textvorlage
- 4.2. Protestation (20. April 1529)
- 4.2.1 Handschriften
- 4.2.2 Druck
- 4.2.3 Textvorlage
- 5. Literatur
- 5.1 Edition
- 5.2 Forschungsliteratur (Auswahl)
Historischer Kontext↑
Ausgangslage
Der 1 hatte in Bezug auf die strittige Religionsfrage zweierlei festgehalten: Erstens sollten konkrete Schritte in Richtung eines allgemeinen
Auch außenpolitisch geriet das
Da ein 1527 nach
Eröffnung des Speyerer Reichstags und »kaiserliche« Proposition
Schon zu Beginn des
Mit der Übergabe der Proposition an die
Verhandlungsverlauf und Protestation
Am 18. März beschloss die
Die reformatorisch gesinnten
Am 22. April wurde der durch Reichstagsmehrheit gestützte
Rezeption und Bedeutung des Speyerer Reichsabschieds und der Protestation
Der
Zugleich hatte der Verlauf der Reichstagsverhandlungen den reformatorisch gesinnten
Die ungeklärt und ungelöst geblieben Probleme in der Religionsfrage zwischen den nun deutlich in zwei Lager auseinandergetretenen
Unterzeichner und Unterhändler↑
Reichsabschied (22. April 1529)
Unterzeichner
Für die
Unterhändler
Die
Die
Die
Die
Die
Die
Die
Protestation (20. April 1529)
Unterzeichner
Kurfürst
Unterstützer
Der Protestation traten am 23. April 1529 folgende
Inhalt↑
Reichsabschied (22. April 1529)
Dem Druck des Speyerer Reichsabschieds ist ein Druckprivileg vorangestellt. Die einleitenden Bemerkungen umreißen die Gliederung des Reichsabschieds, der folgende Teile umfasst: An die Bestimmungen zur Religionsfrage (Art. 1-13) und ein allgemeines Aufruhrverbot (Art. 14-15) schließen die Regelungen der Türkenhilfe an (Art. 16-26). Danach werden Bestimmungen zu den Reichsbehörden (Art. 27-30) sowie zum Erbrecht (Art. 31) und zu weiteren Einzelfragen der Reichsorganisation (Art. 32-36) aufgeführt. Dem Druck ist das kaiserliche Mandat gegen die Wiedertäufer eingefügt. Am Ende versichern der kaiserliche Statthalter Ferdinand I. und die Reichsstände die Befolgung des Reichsabschieds, worauf eine Liste der Reichsstände und ihrer Gesandten, die den Reichabschied annehmen, sowie die Besiegelung durch die Reichsstände folgt.
Die Bestimmungen zur Religionsfrage lauten im Einzelnen: Der Kaiser wird durch die Reichsstände aufgefordert, sich beim Papst für ein baldige Eröffnung eines Generalkonzils einzusetzen (Art. 1). Im Fall eintretender Verzögerungen eines Generalkonzils soll der Kaiser stattdessen eine allgemeine Ständeversammlung im Reich einberufen (Art. 2). In der Zwischenzeit wird die Bestimmung des Artikels 4 des Speyerer Reichsabschieds von 1526 (Art. 3) durch folgende Bestimmungen ersetzt: Die Reichsstände, die sich an das Wormser Edikt halten, sollen weiterhin so verfahren und ihre Untertanen zu dessen Befolgung anhalten; die Reichsstände, welche die neue Lehre eingeführt haben, sollen die Einführung weiterer Neuerungen nach Möglichkeit verhindern (Art. 4). Insbesondere Lehren gegen die Messe sollen verboten und der freie Zugang zur Messe im ganzen Reich sichergestellt werden (Art. 5). Die Wiedertaufe wird durch ein kaiserliches Mandat verboten und strafmündige Wiedertäufer, ausgenommen bußfertige, sollen zum Tod verurteilt werden; die Reichsstände sollen die Strafe in ihren Zuständigkeitsbereichen unmittelbar durchsetzen (Art. 6-7). Zwei Bestimmungen der früheren Nürnberger Reichstage werden nochmals aufgenommen: Die Prediger sollen sich in der Auslegung des Evangeliums an die von der Kirche autorisierten Schriften halten und strittige Fragen in ihren Predigten nicht behandeln (Art. 8); Druckerzeugnisse, die neue Lehren oder Schmähungen beinhalten, sollen durch die Obrigkeiten verboten und deren Autoren, Drucker und Verkäufer bestraft werden (Art. 9). Die Reichstände versprechen, sich nicht des Glaubens halber zu bekämpfen oder zu benachteiligen (Art. 10). Mögliche Verletzungen dieser Bestimmung sollen durch das Kammergericht mit der Acht bedroht werden (Art. 11). Übertretungen der Bestimmung sollen durch den kaiserlichen Fiskal angezeigt, und die Übertreter durch die Reichsstände als Landfriedensbrecher bekämpft werden (Art. 12). Anfallende Kriegskosten sollen durch die Übertreter unter Androhung der Acht erstattet werden (Art. 13).
Protestation (20. April 1529)
Der Text beginnt mit einem Rückblick auf die Beschlüsse des Speyerer Reichstags von 1526: Dort wurde bestimmt, dass in der Zeit bis zu einem alsblad möglich stattfindenden General- oder Nationalkonzil die Reichsstände mit dem Wormser Edikt so verfahren sollen, wie sie es vor Gott und dem Kaiser verantworten können. In die Aufhebung dieser Bestimmung auf dem Speyerer Reichstag von 1529 konnte nicht eingewilligt werden, da (1.) der einmütige Beschluss von 1526 als bindend angesehen wird und (2.) in Fragen, die Gottes Ehre und das Seelenheil angehen, allein das Gewissen verpflichtet. Die auf dem Reichstag getroffene Mehrheitsentscheidung kann eine einmütig beschlossene Bestimmung nicht aufheben, sondern kann nur durch eine ebenso einmütig beschlossene Bestimmung ersetzt werden. Nun plötzlich der Entscheidung des Reichstags zuzustimmen und dem Wormser Edikt nach aller Möglichkeit zu folgen, stünde nicht nur im Widerspruch zum Bekenntnis der Wahrheit des Evangeliums, was auch den Untertanen ein Ärgernis wäre. Darüber hinaus würde damit so getan, als ob das Wormser Edikt noch in Kraft sei, obwohl es durch die Bestimmung des Speyerer Reichstags von 1526 aufgehoben wurde. Dem Artikel über die Messe konnte nicht zugestimmt werden, da er der in der göttlichen Schrift gegründeten christlichen Lehre von der Einsetzung des Abendmahls widerspricht. Dass andere Obrigkeiten über den Glauben der eigenen Untertanen bestimmen, verletzt zudem bestehende Grundsätze der Gleichheit der Stände. Dem Artikel über die Prediger konnte nicht zugestimmt werden, da es strittig ist, welche Kirche die Schriften autorisieren kann, die außer den biblischen Schriften selbst zur Auslegung des Evangeliums herangezogen werden sollen. Die mit diesen Bestimmungen verbundene Strafandrohung stiftet zudem Unfrieden und Uneinigkeit, weshalb es besser ist, am Beschluss des Speyerer Reichabschieds von 1526 festzuhalten.
Abschließend wird öffentlich gegen diese Bestimmungen des Speyerer Reichstags von 1529 protestiert und vor Gott bezeugt, dass man in sie nicht einwilligen kann. Den weiteren Reichstagsbeschlüssen des Friedenserhalts unter den Ständen, der Verurteilung der Wiedertaufe sowie der Druckzensur wird ausdrücklich zugestimmt.
Überlieferung und Textvorlage↑
Reichsabschied (22. April 1529)
Handschriften
- 1) Wien, ÖStA HHStA, Allgemeine Urkundenreihe (AUR), 1529 April 22 [Ausfertigung mit
Siegeln].
- 2) Wien, ÖStA HHStA, RK Reichstagsakten 3-4, fol. 48-69.
- 3) Wien, ÖStA HHStA, RK Reichstagsakten in genere I, fol. 445r-462v.
Drucke
- 1) ABſchidt des || Reichſtags || zu Speyer Anno || M.D.xxix.||
Sampt der keiſerlichen Conſtitucion Wie || gebꝛüder oder ſchwiſter kynder jres verſtoꝛben Vatter oder ||
můtter bꝛůder oder ſchweſter Erbſchafft vnder ſich theylen || ſollen. ||
Vnd einem Keyſerlichen Mandat der Widertauffer halber || außgangen.|| Cum gratia et priuilegio|| Imperatoris
[Mainz: Johan Schöffer 1529], [20] Bl., 2°
(VD16 ZV 13031)
Benutztes Exemplar: Halle, ULB Sachsen-Anhalt, Sign. Kg 2101, 4° [Digitalisat] - 2) ABſchidt des || Reichſtags || zu Speyer Anno || M.D.xxix.||
Sampt der keiſerlichen Conſtitucion Wie || gebꝛüder oder ſchwiſter kynder jres verſtoꝛben Vatter oder ||
můtter bꝛůder oder ſchweſter Erbſchafft vnder ſich theylen || ſollen. ||
Vnd einem Keyſerlichen Mandat der Widertauffer halber || außgangen.|| Cum gratia et priuilegio|| Imperiali
Mentz: [Johann Schöffer 1519], [20] Bl., 2°
(VD16 R 776)
Benutztes Exemplar: München, BSB, Sign. 2 J.publ.g. 301#Beibd.1 [Digitalisat] - 3) Außzog etzlicher artikel || aus dem abſchyed des ytzt gehaltenen Reichstages zu Speyer ||
ſouyl der die vnderthanen belanget / vnd yhnen zuwiſſen von ||
noͤthen / Durch des Hochwirdigſten yn Got vaters / durchleu⸗ ||
chtigſten Hochgeborn Fůrſten vnd herrn / Herrn Albrechts / ||
der heyligen Roͤmiſchen kirchen des tittels Sancti Petri ad ||
vincula Prieſter Cardinals / Ertzbiſchoffs zů Magdeburgk / ||
vnd Meintz / Primaten vnd des heyligen Roͤmiſchen Reichs ||
yn Germanien Ertzcantzlers vn̄ Chůrfurſten / adminiſtratoꝛn ||
des Stiffts zu Halberſtadt / Marggrauen zu Brandenburgk / ||
tzu Stettin Pomern der Caſſuben vnd Wende Hertzogen / ||
Burggrauen zu Nuͤrenbergk vnd Fůrſteu zu Ruͤgen / vnſzers ||
gnedigſtē Herrn / vns heymuorordēthe hofferethe / vff ſonder⸗ ||
lichen befehl an dye vnderthanen / der beyden Stiffte Mag⸗ ||
deburgk vnd Halberſtadt ausgangen vnd publicirt / ſich dar⸗ ||
nach zu richten vnd keyner vnwiſſenſchafft tzuentſchuͤldigen ||
tzuhaben.
[Leipzig: Melchior Lotther um 1529], [11] Bl., 4°
(VD16 R 777)
Textvorlage
Als Textvorlage dient der oben genannte Druck 1. Ob Druck 1 oder Druck 2 zuerst entstand, lässt sich
nicht mehr festellen. Die handschriftliche Überlieferung wird in der
vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in
Im Quellentext wurde die Zählung der Artikel nach
Protestation (20. April 1529)
Handschriften
- Weimar, ThHStAW, EGA, Reg. E, fol. 1r-17r, 1529-04-20 [Digitalisat]
Druck
-
Der durchleüchtigiſten || Durchleuchtigen / Hochgepoꝛnen Furſten vn̄ ||
Herꝛn / herꝛn Johanſen Hertzogē zů Sachſen des heiligē Roͤ⸗ ||
miſchen Reichs Ertzmarſchalgck Churfürſten. ꝛc. Herꝛn ||
Geoꝛgen Marggrafen zů Bꝛandenburg. ꝛc. Herꝛn Ern⸗ || ſten Hertzogen zů Lunenburg. ꝛc. Herꝛn Philipſen ||
Landtgrafen zů Heſſen. ꝛc. vnd Herꝛn Wolffgang || Fürſten zů Anhalt. ꝛc. andre vnd endtliche Pꝛo⸗ ||
teſtation / auff dem Jungſtgehalten Reichß⸗ || tage zů Speyr / wider den Erſten artickel ||
deſſelben fürgenom̄en abſchids / vnſern || hailigen glauben / daſſelben Religion ||
oder Ceremoniē belangend / gethō || Wie die durch jrer Churfürſtli⸗ || chen vnd Fürſtlichen gnaden ||
treffenlich raͤdte / Koͤ. Mai. || zů Hungern vnd Boͤhem || als Kai. Maie. Stat⸗ || haldter jm hailigen ||
reich vnd ober⸗ || ſten Com̄iſſari || en aigen han || den / vber⸗ || antwoꝛt || iſt. || M D XXIX.
[Augsburg: Heinrich Steiner von Augsburg 1529], [10] Bl., 4°
(VD16 D 3013)
Benutztes Exemplar: Wien, ÖNB, Sign. *69.E.94.(12) [Digitalisat]
Textvorlage
Der Edition liegt der genannte Druck zugrunde. Die handschriftliche Überlieferung wird in der
vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in
Literatur↑
Edition
- Kühn, Johannes (Hg.), DRTA.JR, Bd. 7,
Teilbd. 2: Deutsche Reichstagsakten unter Kaiser Karl V.,
2. Aufl., Göttingen 1963, S. (1296)1298-1314, Nr 148 [Speyerer Reichsabschied];
S. (1273)1274-1288, Nr. 143 [Protestation].
Forschungsliteratur (Auswahl)
- Dingel, Irene, Das Ringen um ein Minderheitenrecht in Glaubensfragen. Die Speyerer Protestation von 1529, in: ZKG 126 (2015), S. 225-242.
- Kohnle, Armin, Die Einschluss- und Ausschlussformeln in reichsrechtlichen Dokumenten der Reformationszeit, in: Jürgens, Henning P. / Witt, Christian V. (Hg.), An den Rand gedrängt – den Rand gewählt. Marginalisierungsstrategien in der Frühen Neuzeit, Leipzig 2021 (LStRLO 41), S. 173-187.
- Kohnle, Armin, Reichstag und Reformation. Kaiserliche und ständische Religionspolitik von den Anfängen der Causa Lutheri bis zum Nürnberger Religionsfrieden, Gütersloh 2001 (QFRG 72).
- Kühn, Johannes, Die Geschichte des Speyrer Reichstags 1529, Leipzig 1929 (SVRG 146).
- Schlaich, Klaus, Die »protestatio« beim Reichstag in Speyer von 1529 in verfassungsrechtlicher Sicht, in: ZevKR 25 (1980), S. 1-19.